Wenn diese Frage leicht zu beantworten wäre, könnte man viele Missverständnissen vorbeugen. Aufgrund der Vielfalt unserer Tätigkeitsbereiche und der Individualität jedes Menschen gestaltet sich unsere Arbeit ebenso variabel. Müsste Ich es mit einem Satz beschreiben, dann wäre dieser "Wir sind die Therapeuten für das Gehirn". Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen- wenn Verletzungen oder Krankheiten die Peripherie betreffen.
Stellen wir uns das Gehirn als Computer vor. Dann sind wir diejenigen, welche durch die Eingabe von Informationen den Computer programmieren. Wir wählen die "passende" Software, damit es individuell verarbeitet werden kann und somit passt. Ziel ist die Wiederherstellung, Optimierung sowie das Nutzen bisher "verborgener" Funktionen.
Bei unserer Therapie setzen wir also gezielt Reize, welche über die Sinnesorgane aufgenommen und verarbeitet werden. Diese Reize müssen richtig dosiert sein, sonst findet kein integratives Lernen statt. Wir wurden ausgebildet dies zu erkennen. Was selbstverständlich bei einem Menschen wesentlich differenzierter vorgeht als bei einem Computer.
Ein paar Sinnesorgane sind generell bekannt, wie zum Beispiel: die Augen, die Ohren, die Nase und der Mund. Wir nutzen zusätzlich die sogenannten "Nahsinne" wie den Gleichgewichtssinn, die Körperwahrnehmung und den Hautsinn.
Wenn wir dann die richtige Dosierung, passend für den betroffenen ermittelt haben, findet selbstständiges Lernen statt. Somit ist Ziel unserer Therapie immer die höchstmögliche Selbstständigkeit und Eigenaktivität. Sprich bei uns müssen unsere Patienten etwas tun- hier wird gehandelt und nicht ausschließlich behandelt.
Wir stellen sowas wie einen Dolmetscher zwischen Umwelt und Mensch dar. So passen wir auch Umweltfaktoren an um mehr Selbstständigkeit für einen Menschen zu erreichen.
Lernen können wir immer alle und zu jeder Zeit etwas. Wann also benötigt jemand ergotherapeutische Unterstützung? Diese Frage haben wir schon als Schüler unseren Dozenten gestellt. Und der wichtigste Indikator ist: Gibt es einen Leidensdruck? Nur wenn es die betroffene Person in Ihrer Lebensqualität beeinträchtigt welche sowohl die Schule/ Arbeit, Selbstversorgung als auch die Freizeit/ Hobby umfasst, kann eine ergotherapeutische Behandlung sinnvoll sein.
Wir nutzen alles was das Leben zu bieten hat. Wir bewegen uns drinnen oder draußen, werken, gestalten, lösen kniffelige Aufgaben, kochen, gärtnern, schaukeln, fühlen... Diese Liste ist so vielfältig und bunt wie die Menschen und Ihre Bedürfnisse.
Ein erwachsener Patient hat durch eine neurologische Erkrankung keine Kontrolle mehr über sein Bein. Dann halten wir Gelenke beweglich, verhindern Verkürzungen, kümmern uns um den Umgang mit Hilfsmitteln, wie z. B. einer Orthese und stimulieren das entsprechende Areal im Gehirn durch gezielte Reizsetzung auf der Haut, der Körperwahrnehmung/ Bewegungen oder arbeiten zum Beispiel mit einem Spiegel um die Störungen wieder zu regulieren. Es gibt viele verschiedene Therapieansätze, welche hier zum tragen kommen.
Wäre unser Patient zum Beispiel ein leidenschaftlicher Fußballer gewesen, dann nutzen wir mitunter einen Ball um "alte Bewegungsmuster" zu reaktivieren. Wir verändern die Beschaffenheit, zum Beispiel: feste, weich, leicht, schwer, groß, klein... und so variieren wir die Reize/ Anforderungen.
Bei einem Kind, welches zum Beispiel Auffälligkeiten beim Schreiben zeigt. Schauen wir, wo die Ursache hierfür liegt. Ist ein Wahrnehmungsbereich bezüglich der Sinnesorgane nicht altersentsprechend entwickelt? Wie ist das Lernverhalten- sowie die Bereitschaft hierfür? Nehmen wir an, dass Kind kann nicht gut schreiben, weil es ein zu sensibles Hautsystem hat. Dann variieren wir die Stifte um heraus zu finden, welches noch am besten bzw. gar nicht geht. Parallel dazu arbeiten wir mit Materialien, wie Schaum, Sand, Kerne, Farbe, Watte, Holz, Stein um dem System Reize zu geben. Mit einem Kind arbeitet man natürlich spielerisch, denn sonst haben sie kein Interesse sich mit etwas auseinander zu setzen, was sie sowieso als unangenehm gespeichert haben. Also malt man, je nach Kind, ein Einhorn in einer Sandkiste oder spielt Autorennen darin.